Ausgangssperre

Die Winterzeit schlich sich schwül und gefrustet davon, manche Badezimmerheizung powerte auf full speed – eben noch verwöhnten angenehm vorgewärmte Klorollen. Weltraumherpes, Männergrippe: Nette Geschichten. Corona (dieser Begriff war früher mal positiv besetzt, es ging u.a. um Sonnenfinsternis). Das Leben: Ein Tagedieb mit drohender Ausgangssperre. Gratulation.

Tumbheit united, Spass reloaded, Feiern unlimited. Den demokratischen Staat im Normalbetrieb nutzen – jedoch, kommen Ansagen von oben zur weiteren Sicherheit der Allgemeinheit wird es heissa-hoppsa ganz ungemütlich für Menschen, die nun endlich doch Zeit für Partys erübrigen könnten. Der Grund: Unwissenheit?

Wie behütet wir hier seit Jahrzehnten leben dürfen. Und kaum einem war das aufgefallen – jetzt, schlimmes Erwachen: Plötzlich soll man Abstand halten, keine Spielplätze bevölkern, Indoor-Parks, Kneipen, Kinos, Theater schon gar nicht besuchen. Etwa wegen Kleinkram? Oder weil man seinen Müll nicht aufhob? Der Grund: Respekt.

Freiheit und Frechheit stehen sehr dicht beieinander. Es wird Generationen dauern, bis überraschendes und somit nicht abzufangendes Niesen seinen Schrecken verliert. Reiseweisheit: „Das Leben ist kurz – eine Stunde im falschen Zugabteil kann lang werden.“ Wie wahr – nur, was tue ich überhaupt im Zug, in diesen Tagen, gut möglich hüstelnd? Auf Rückreise? Dann ist es in Ordnung. Zu viele Leute begreifen nicht oder schlicht zu spät. Der Grund: Respektlosigkeit.

Furcht um heimische Toilettenpapier-Lagerbestände, sie kann nur durch eines ausgelöst sein: Es muss mit befürchteten Engpässen beim Küchenrollen-Nachschub zusammenhängen. Denn, das ist bekannt, nur Rambo braucht keine einzige Küchenrolle, nicht mal unter klebrigstem Auswurf. Durchschnittsbürger entfesseln Überlebenstrieb, da wird gerafft, zuvor friedlich shoppende Kunden beim faustdicken Handgemenge auf desinfiziertem Kaufhausparkett: „…gehört mir, die ganze Palette!“ Der Grund: Gleichgültigkeit.

Das Sandmännchen lehrt uns mit jeder phantastischen Reise: Selbst in schlimmster Einöde gibts TV-Empfang – und die Sache hat sich weiter entwickelt. Bad News. Nicht nur für Boulevard-Anheizer ein gefundenes Fressen. Man möchte gar nicht wissen wieviele Unruhestifter, Systemfeinde, Terroristen aktuelle Katastrophen-Geschehnisse geniessen – das müssen Feste sein im Untergrund. Der Preis der Mediengesellschaft – dafür wurden zweischneidige Schwerter erfunden. Der Grund: Wir.

Was alle helfenden Berufsgruppen leisteten, leisten und noch leisten werden – nie sollten Gesellschaften weggucken. Was wahrlich wichtig ist zeigt uns ein global reisender Virus. Natürlich entwickeln Krisen Kreativität. Oder benutzen vorhandene Basics, um Ausfälle online nutzbar zu machen: Künstler senden von daheim, aus Geisterhallen, von Herzen. Nur Bekloppte räubern medizinische Produkte, um in Notzeiten groteske Preisschilder dran zu kleben – diese Leute sollten sich über ein freies Land freuen, wo jeder Täter mit fairem Gerichtsverfahren bedacht wird. Der Grund: Demokratie – sie kann zwar nicht Alles zu 100%, aber, sie kann viel mehr als die meisten „freien“ Mummenschanz-Diktaturen. Und die Demokratie darf selbstverständlich Ausgangssperren verhängen – sie würde es nie tun, um zu schaden.

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